Heilkräuter

Die Heilkräuter, bzw. Heilpflanzen, bilden eine zahlenmäßig große Gruppe unter den Nutzgewächsen. Zu ihnen gehören wildwachsende Arten, aber auch aus ihnen gezüchtete Kulturvarietäten, die wegen ihrer Wirkstoffe arzneilich verwendet werden. Aus zahlreichen dieser Pflanzen werden außerdem ätherische Öle für die Parfüm- und Lebensmittelindustrie gewonnen. Zu den Heilpflanzen zählen auch einige Arten, die in erster Linie Kautschuk, Öl oder Futtermittel liefern oder im Gemüse- und Obstbau bzw. in der Park- und Gartengestaltung als Zierpflanzen Verwendung finden.

Unter den Heilpflanzen gibt es sowohl sogenannte Einzweckarten, die ausschließlich der "Drogen"gewinnung dienen, als auch sogenannte Mehrzweckarten, die auch noch in anderer Weise genutzt werden. Zu dieser Gruppe gehören die meisten Heilpflanzen. Ebenso gibt es eine Reihe von Heilpflanzen, deren Anwendung zwar in der Medizin beschränkt ist, die dafür aber als Küchengewürz Bedeutung haben. Einige landwirtschaftliche Kulturpflanzen haben außerdem Heilwirkung. Obwohl die Drogengewinnung bei diesen Pflanzen nur eine Nebennutzung darstellt, spielen sie in der Medizin trotzdem eine wichtige Rolle.

Ich gehe in diesem Thema etwas ausführlicher auf die Inhaltsstoffe ein, da gewisse Begriffe immer wiederkehren und ich es für wicht halte, diese auch zu verstehen. Denn nur wer gewissenhaft mit Pflanzen"drogen" umgeht, richtet keinen Schaden an. Zudem werden gewisse Zusammenhänge und Vorsichtsmaßnahmen wesentlich deutlicher.

Auszüge und Tinkturen
Aus Heilpflanzen, bzw. aus den getrockneten Pflanzenteilen, werden in einigen Fällen wässrige oder alkoholische Auszüge, Fluidextrakte und Tinkturen zubereitet. Manchmal presst man aus frischen Heilpflanzen den Saft aus und dickt ihn ein. Trotzdem muss vermerkt werden, dass es noch immer Drogen gibt, aus denen die einzelnen Reinstoffe nicht isoliert werden können oder bei denen nur die Gesamtheit ihrer Inhaltsstoffe die gewünschten Heilerfolge bringt. Zur Herstellung von Pillen werden ebenfalls verschiedenartige Drogenauszüge benutzt.

Teemischungen
Drogen bilden die grundlegenden Bestandteile verschiedener Teemischungen, die entweder in Form von Abkochungen oder Aufgüssen gebraucht werden. Kräutertees sind in erster Linie Unterstützungsmittel bei der Behandlung verschiedener Krankheiten, d.h. sie fördern durch ihren milden physiologischen Einfluss die Wirkung des Hauptmedikaments. In einigen Fällen, vor allem bei chronischen Erkrankungen, erzielt man mit ihnen oft bessere Erfolge als mit medikamentösen Stoßbehandlungen.

Wichtige pflanzliche Wirkstoffe
Die Arzneipflanzen verdanken ihre Heilkraft einigen chemisch charakterisierbaren Wirkstoffgruppen oder Einzelstoffen, die durch den Stoffwechsel in der Pflanze produziert werden. Die Wirkstoffe können in zwei Gruppen eingeteilt werden: in solche mit ausgeprägten physiologischen Auswirkungen auf den menschlichen und tierischen Organismus und solche, deren Wirkung nicht so stark ist, die aber dennoch heilkräftig sind. Die erste Gruppe zählt man zu den giftigen und die zweite zu den ungiftigen Stoffen. Eine genaue Trennung gibt es aber nicht. Auch einige ungiftige Pflanzen können bei übermäßigem Genuss oder bei lang anhaltender Einnahme verschiedene Organe von Menschen und Tieren schädigen.

Alkaloide: sind stickstoffhaltige Stoffwechselprodukte einiger grüner Pflanzen. Zu den Alkaloiden gehören zahlreiche pflanzliche Gifte. Die meisten Alkaloide sind feste, kristallisierte, farb- und geruchlose Stoffe, die sich bei höheren Temperaturen verflüchtigen.
Glykoside: sind natürliche organische Substanzen, meistens pflanzlicher Herkunft. Glykoside sind Stoffe von hoher physiologischer Wirksamkeit auf den tierischen und menschlichen Organismus und daher manchmal stark giftig. Digitalis-Glykoside (herzstärkende Glykoside) sind von hoher physiologischer Wirksamkeit und bereits in kleinen Mengen für den Menschen stark giftig. Anthrachinonglykoside (als Abführmittel und bei Erkrankungen des Verdauungstrakts) rufen in größeren Gaben Vergiftungserscheinungen hervor. Bei längerer Einwirkung auf die Haut können schwere Hautschädigungen eintreten.
Saponine: sind pflanzliche Stoffe von ähnlicher chemischer Zusammensetzung wie die Glykoside. Sie haben die Eigenschaft, wie Seife im Wasser zu schäumen. Kommen Saponine mit Blut in Berührung, verursachen sie schon in kleinen Mengen Hämolyse, d.h. die Zerstörung roter Blutkörperchen. Einige Saponine sind deshalb starke Blutgifte. Alle Saponine wirken schleimhautreizend und einige sind giftig. In der Medizin werden Saponine als schleimlösende Mittel bei Katarrhen der oberen Atemwege verordnet.
Ätherische Öle: sind flüssige, organische, meistens pflanzliche Stoffe von mehr oder weniger angenehm aromatischem Geruch. Sie verflüchtigen sich schon bei gewöhnlicher Temperatur. Ihren Hauptbestandteil bilden am häufigsten Terpene oder Terpenverbindungen.
Die Wirkung der ätherischen Öle ist sehr vielseitig. Wegen ihrer desinfizierenden Eigenschaften hemmen sie das Wachstum krankheitserregender Mikroorganismen. Das gilt vor allem für die Alkohole enthaltenden ätherischen Öle. Ätherische Öle wirken örtlich hautreizend, was manchmal zu Entzündungen und Blasenbildung führen kann. Bei entsprechender Dosierung kommt es jedoch zu einer besseren Durchblutung der Haut. Einige Bestandteile ätherischer Öle rufen örtlich schmerzbetäubende Wirkungen hervor. Andere wiederum stärken die Herzmuskulatur und regulieren den Blutkreislauf. Einige wirken anregend, beruhigend oder sogar betäubend auf das zentrale Nervensystem. Eine ganze Reihe ätherischer Öle wirkt auf die glatte Muskulatur. Die meisten üben einen günstigen Einfluss auf den Verdauungstrakt aus: magenstärkend, verdauungsfördernd, appetitanregend und gallentreibend. Unerwünscht sind die Auswirkungen einiger Ätherischer Öle auf die Gebärmutter. Sie rufen eine übermäßige Blutstauung hervor, die in der Schwangerschaft einen Abort zur Folge haben kann. Besonders gefährlich sind die enthaltenen Wirkstoffe Apiol und Myristicin.
Einige ätherische Öle bilden einen wichtigen Bestandteil verschiedener Gewürze, die in der Küche und in der Lebensmittelindustrie benutzt werden. Sie machen die Speisen schmackhafter und fördern die Verdauung. Als Gewürze werden manchmal frische, meistens jedoch getrocknete, an ätherischen Ölen reiche Pflanzenteile verwendet.
Bitterstoffe: sind ungiftige, stickstoffreiche, bitterschmeckende Substanzen verschiedenartiger chemischer Zusammensetzung. In der Medizin werden sie meistens in Form von alkoholischen Auszügen angewendet. Wenn man sie in entsprechender Dosierung vor dem Essen einnimmt, fördern sie die Ausscheidung von Magensaft und dadurch auch die Verdauung. Sie wirken außerdem beruhigend und kräftigend.
Gerbstoffe: sind in Wasser und Alkohol lösliche, stickstofffreie Pflanzenstoffe mit zusammenziehender Wirkung. An der Luft verändern sie ihre Farbe, werden dunkel und verlieren ihre Wirksamkeit. Gerbstoffdrogen dürfen daher nicht lange gelagert werden. Die Heilkraft beruht auf ihre zusammenziehenden Wirkung, die ein schnelleres Heilen der Wunden und eine raschere Bildung von neuen Geweben an Wundflächen und entzündeten Schleimhäuten bewirkt. Sie werden zu Waschungen, Spülungen und Umschlägen bei Geschwüren, Hämorrhoiden, Brand- und Frostwunden und bei Zahnfleischentzündungen angewendet. Innerlich bei Durchfall und Darmkatarrh.
Schleime: bilden sich bei den Lebensvorgängen in den Pflanzen. Sie haben nur lokale Wirkung, d.h. ihre Heilwirkung beschränkt sich auf die Berührungsstelle mit dem erkrankten Gewebe. Sie üben einen günstigen Einfluss bei Schleimhautentzündungen der oberen Atemwege aus. Ganz besonders geeignet zur Behandlung von Reizzuständen des Magendarmkanals. Sie wirken entzündungshemmend und beseitigen unerwünschten Gärungsprozess im Darm und eignen sich ebenfalls als mildes Abführmittel. Aus Schleimdrogen werden grundsätzlich Kaltwasserauszüge bereitet, da beim Kochen die Schleime entwertet werden.
Weitere Wirkstoffe: Außer den angeführten Wirkstoffgruppen müssen noch folgende, chemische und therapeutisch nicht weniger wichtige pflanzliche Inhaltsstoffe erwähnt werden:
Organische Säuren – sind z.B. an der Heilwirkung zahlreicher Drogen wesentlich beteiligt. Zu ihnen gehören die Apfel-, Zitronen-, Oxal- und Weinsäure, die alle als milde Abführmittel bekannt sind.
Zuckerkomponenten – kommen als wichtige Begleitstoffe in zahlreichen Drogen vor.
Pflanzenfette, Vitamine und Phytonzide – üben eine hemmende Wirkung auf das Wachstum krankheitserregender Mikroorganismen aus.

Die Heilwirkung der Pflanzen ist noch nicht in allen Einzelheiten erforscht.